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Gemeinsam Erfolg haben oder einzeln scheitern?

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Auch 2013 wurden im Luxushotel „Bayerischer Hof“ viele wichtige Entscheidungsträger der internationalen Außen- und Sicherheitspolitik empfangen.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen stellte die Teilnehmer der 49. Münchner Sicherheitskonferenz vor die Wahl: Gemeinsam Erfolg haben oder einzeln scheitern. /e-politik.de/ war vor Ort dabei. Von Svetla Stoyanova und Johannes Meiners

An der 49. Münchner Sicherheitskonferenz nahmen auch in diesem Jahr wieder zahlreiche relevante Akteure der Außen- und Sicherheitspolitik, Vorstände führender Unternehmen sowie Institutsleiter aus dem akademischen Raum teil. Unzählige Medienvertreter verfolgten die Live-Übertragung der im Konferenzsaal stattfindenden Reden und Paneldiskussionen aus dem speziell dafür eingerichteten Medienzentrum in einem nahen Gebäude der HypoVereinsbank. Zudem freuten sie sich über häufige Gelegenheiten, persönlich mit Entscheidungsträgern und Experten Hintergrundgespräche führen zu können. Gut eigneten sich hierfür insbesondere die Kaffeepausen in der Presselounge neben dem Konferenzsaal.

Mehr Themen, mehr Teilnehmer – mehr Dialog?

Der Konferenzvorsitzende, Botschafter Wolfgang Ischinger, wählte für die Paneldiskussionen sowohl gegenwärtig als auch mittel- und langfristig wichtige Themen der Außen- und Sicherheitspolitik aus. Hierzu zählen beispielsweise die Eurokrise, die sich verändernde Geopolitik des Energiegeschäfts, Global Governance, Cyber-Kriminalität, die Sicherheit und Stabilität in Südosteuropa und im Kaukasus, die europäische Verteidigungspolitik, das umstrittene iranische Nuklearprogramm und Vieles mehr.

Die Presselounge – der Ort, an dem Teilnehmer und Medienvertreter zusammentrafen.

Die Presselounge – der Ort, an dem Teilnehmer und Medienvertreter zusammentrafen.

Die Organisatoren versuchten, Teilnehmer aus möglichst vielen verschiedenen Staaten in die Diskussionen zu integrieren. Diesbezüglich gab es im Vergleich zu vorigen Jahren zwei organisatorische Neuerungen auf der Sicherheitskonferenz: Zum einen ließ man einige der Paneldiskussionen parallel laufen, damit möglichst viele Themen behandelt und Meinungen ausgetauscht werden konnten. Zum anderen gab es um 22.30 Uhr an beiden Abenden sogenannte Night Owl Sessions über die Krisenherde Syrien und Mali sowie die Diplomatie im angebrochenen digitalen Zeitalter.

 

Euroatlantische Sicherheitsgemeinschaft mit Zukunft

Zweifellos war das prominenteste Thema auf der diesjährigen Agenda die Zukunft der euroatlantischen Sicherheitsgemeinschaft. Hierzu hielt US-Vizepräsident Joe Biden eine halbstündige Rede. Darin ließ er keinen Zweifel daran, dass er die europäische Einigung, manifestiert in der Europäischen Union (EU), als wesentliches amerikanisches Interesse betrachte. Es habe in Barack Obamas erster Amtszeit im Weißen Haus enorme Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU sowie der internationalen Gemeinschaft gegeben: So könne die Lage im Irak als stabilisiert gelten, Al-Kaida sei konsequent geschwächt worden, der Truppenrückzug aus Afghanistan habe begonnen. Die Frage nach dem Umgang mit dem Iran spalte, anders als 2009, zumindest die internationale Gemeinschaft weniger. Sie sei mit dem Ziel zusammengerückt, ein atomwaffenfreies Iran zu erhalten. Alle Instrumentarien müssten weiterhin ausgeschöpft werden, um alle Terrororganisationen entschlossen zu bekämpfen, wie es Frankreich in Mali mache.

Da eine stabile nationale Wirtschaft in außenpolitische Macht umgewandelt werden könne, sei ein umfassendes transatlantisches Handelsabkommen aus Sicht der USA außerordentlich relevant. Entscheidend hierfür erscheint dem Vizepräsidenten der politische Wille der Europäer. Gleichfalls betonte Biden die Bedeutung der Ausweitung der US-Beziehungen zu Russland, obschon essenzielle Meinungsunterschiede nicht kaschiert werden sollten. Es gelte, auf beiden Seiten des Atlantiks das wirtschaftliche Wachstum zu stärken und die Demokratiebewegungen überall in der Welt zu fördern. Die transatlantischen Beziehungen seien so eng wie nie zuvor und enger als alle anderen globalen Kooperationen. Die USA und die EU müssten sich einander als erstes zuwenden. Künftige Erfolge der NATO seien nur gemeinsam möglich. Zugleich forderte Biden von Russland die Bereitschaft zu dauerhaften Gesprächsrahmen ein. China wiederum sei der wichtigste neue Partner der USA. Der Dialog mit den neuen chinesischen Führungskräften habe bereits begonnen: „Ich bin Amerikaner, ich freue mich immer auf Konkurrenz.“

Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (links) auf der 49. Münchner Sicherheitskonferenz

Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (links) auf der 49. Münchner Sicherheitskonferenz

Temperamentvolle Atmosphäre

Das prominenteste Thema der Konferenz, die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft, war nicht unbedingt auch das interessanteste: Als es bei einer der Paneldiskussionen um die südosteuropäischen Angelegenheiten ging, entspann sich rasch eine temperamentvolle Auseinandersetzung. In einer kurzen Rede wies der albanische Premierminister Sali Berisha, darauf hin, dass auf dem Balkan nur die Albaner in fünf Nachbarstaaten leben müssten und dass eine „Albanerphobie“ zu spüren sei. Ein deutscher Politiker, der sich gut in der Region auszukennen vorgab, aber seinen Namen nicht nannte, fühlte sich bei diesen Worten spontan herausgefordert. Er stellte die Aussagekraft der Rede des Premiers in Frage. Man habe Albanien bereits im Jahre 2003 gesagt, dass es, sobald es die Kriterien erfülle, in die EU aufgenommen werde. Die heiße Diskussion zwischen den beiden Politikern wurde – vermeintlich – aus zeitlichen Gründen unterbrochen.

Der größte Diskussionsbedarf bestand zweifellos hinsichtlich des iranischen Atomprogramms. Mit Beispielen aus Berichten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) über die „Unfriedlichkeit“ des iranischen Atomprogramms, Statistiken über die Meinungsfreiheit und die Folgen der wirtschaftlichen Isolation des Iran für seine Bevölkerung forderte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), den Außenminister des Iran, Ali Akbar Salehi, heraus. Auch diese Diskussion prägten eher klare Worte als diplomatische Floskeln. So nannte Polenz den iranischen Außenminister einen „nuklearen Geisterfahrer“. Bemerkenswerterweise nahm Salehi auch die Aufforderung des Sitzungsmoderators Georg Mascolo, Chefredakteur des Spiegel, zu einem Interview in Teheran an. Währenddessen solle dieser Salehi die Dokumente der IAEO zeigen, die das Atomprogramm als unfriedlich einstuften. Trotz der zeitweilig angespannten Situation blieben die Panelisten durchaus humorvoll: Mascolo machte sich beispielsweise Gedanken darüber, wie er ein Visum für den Iran erhalten könne. Salehi erwiderte, dass er ihm persönlich eines ausstellen würde.

Hohe Erwartungen blieben unerfüllt

An die 49. Münchner Sicherheitskonferenz wurden zweifellos hohe Erwartungen in unterschiedlichsten thematischen wie regionalen Bereichen gestellt. Dies galt für eine Annäherung der USA und Russlands, Absprachen zugunsten eines gemeinsamen Vorgehens im Syrien-Konflikt oder den stärkeren Einbezug von Teilnehmern aus asiatischen Schwellenländern. Erfüllt wurden sie keineswegs. Denn die beiden vormaligen Kontrahenten des Kalten Krieges schoben die Gründe für die Stagnation des Dialogs der jeweils anderen Seite zu. Dies verunmöglicht auch die Vereinbarung konziserer Vereinbarungen für das Vorgehen gegenüber dem Assad-Regime.

Trotz der bereits vor mehr als einer Dekade erfolgten Öffnung der Sicherheitskonferenz zugunsten von Teilnehmern außerhalb Westeuropas bzw. Nordamerikas fehlten insbesondere wichtige chinesische und indische Stimmen. Länder, über die viel geredet wurde, da die Zukunft der internationalen Gemeinschaft entscheidend von ihrem Handeln abhängt. Nur wenige Teilnehmer stammten aus diesen beiden einwohnerstärksten Staaten der Erde, in denen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung lebt. Nichtsdestoweniger konnten die Augen- und Ohrenzeugen eine positive Überraschung von der diesjährigen Sicherheitskonferenz auf den Heimweg mitnehmen – die Gesprächsbereitschaft des Iran.

 


Weiterführende Links:

Die Rede von US-Vizepräsident Joe Biden im Wortlaut

Webseite der 49. Münchner Sicherheitskonferenz


Das Titelbild wurde vom Hotel Bayerischer Hof zur Verfügung gestellt. Die übrigen Bildrechte und liegen bei den Autoren.


Lesen Sie mehr bei /e-politik.de/:

Sicherheitskonferenz 2012: “It’s banks, not tanks”

Sicherheitskonferenz 2011: Hinter der Sicherheit

 Dossier: Deutsche Strategiefähigkeit im 21. Jahrhundert

 


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